Zum Museum gehört auch die 10 Gehminuten entfernte Lehrfrischhütte der seinerzeitigen Montanlehranstalt aus dem Jahr 1842. Eine alte Schmiede mit einem von einem Wasserrad angetriebenen Schwanzhammer, der im Betrieb vorgeführt werden kann. In einem Schauraum werden alte Werkzeuge und Schmiedeprodukte gezeigt.
Bild 1: Lehrfrischhütte, im Hintergrund die Steiermärkisch-ständische Montanlehranstalt, heute Raithaus.
Bild 2: Schmiedevorführung am Schwanzhammer.
Bild 3: Schmieden am Originalamboss vor dem Doppelschmiedefeuer.
Die 1840 eröffnete Vordernberger Montan-Lehranstalt verfügte bei Aufnahme des Unterrichts über keine Möglichkeit, das Frischen auch praktisch zu lehren, obwohl P. Tunner schon 1837 geeignete Frischherde empfohlen hatte und die Schule bereits seit 1838 Eigentümerin der Händl'schen Schmiede war. Erst 1840 wurde mit dem Umbau dieser Schmiede nach Plänen P. Tunners begonnen, und im Studienjahr 1843/44 satand die neue Lehrfrischhütte erstmals in Verwendung.
Aus einem mit 10.2.1841 datierten Plan, nach welchem die Lehrfrischhütte auch gbaut bzw. eingerichtet worden sein dürfte, geht folgendes hervor: Ein wasserradbetriebenes Zylindergebläse lieferte den Wind an zwei Frischherde, von welchen das Abgas durch einen gemeinsamen (noch vorhandenen) Kamin ins Freie strömte. Die im Frischherd aus Roheisen entstandene Stahllupe wurde unter einem schweren Aufwerfhammer (Patschhammer) verdichtet und sodann mit einem Schwanzhammer zu Stäben ausgeschmiedet.
Infolge Verlegung der Montan-Lehranstalt 1849 nach Leoben verlor die Frischhütte ihre Bedeutung, und so fand im Studienjahre 1854/55 hier der letzte Frischunterricht statt, wozu auch das aufkommende Puddelverfahren beigetragen hat. Im Jahre 1856 ging die Lehrfrischhütte an J. A. II. Fürst zu Schwarzenberg über, der sie nach durchgreifender Umgestaltung als Zeugschmiede für seinen Bergbau und sein RW XII weiterführen ließ. 1896 erwarb der Schmiedemeister F. Ettl die Werkstätte und verkaufte sie 1913 an A. Schmida - ebenfalls Schmiedemeister. Nach seinem Tode 1957 drohte die Schmiede zu verfallen, doch gelang es dem Verein "Freunde des Radwerkes IV in Vordernberg", die kulturgeschichtlich wertvolle Anlage 1961 zu erwerben und das verwahrloste Gebäude von 1964 bis 1966 größtenteils zu renovieren. Weitere Instandsetzungen und ergänzungen erfolgten u. a. 1984 (neues Wasserrad und neues Grindel), 1986 (Fassadenrestaurierung), 1987 (Ausgestaltung der Schleiferei zu einem Schauraum) und 1988 (Aufstellung eines Federhammers). Im Jahre 1994 wurde die gesamte Fassade neuerlich restauriert.
Das Innere der Lehrfrischhütte vermittelt sofort die Atmosphäre einer "alten Schmiede", denn Hämmer, Ambosse, Essen und russgeschwärzte Wände prägen das Bild.
Man wendet sich zunächst nach links zum großen Schmiedefeuer, das auch einen Glühofen enthält; die Beaufschlagung mit Luft erfolgte entweder mit einem Spitzbalg (im Dachraum) oder mit einem elektrischen Kreiselgebläse. Auf der Werkbank liegen mehrere Werkzeuge; eine Türe in der Südwand ging zu einer wegen Baufälligkeit abgetragenen Beschlagbrücke.
Der Weg führt nun durch die ehemalige Schleiferei (jetzt Schauraum mit Werkzeugen, Geräten und Informationstafeln) und an einem Verschlag für Schmiedekohle vorbei zur Westwand, in welcher eine Türe den Blick auf das rückenschlächtige Wasserrad in der mit Natursteinen ausgelegten Radstube und auf das Wasserreservoir freigibt; der Antrieb des Wasserrades erfolgte ursprünglich über einen langen Fluter, welcher weit oberhalb der Schmiede das Aufschlagwasser vom Vordernbergerbach abgezweigt hat. Ausser dem Wasserrad trägt der Grindel (Holzwelle) noch die "Pauke" (breiter eiserner Ring), deren "Erteln" (Stahlzapfen) den Sohlring auf dem Hammerholm (Hammerstiel) niederdrücken und so den Schwanzhammer in Bewegung setzen. Der Holm wird von einem Waagring gehalten, der in zwei Gerüststöcken drehbar gelagert ist. Der Hammerkopf schlägt mit dem (auswechselbaren) Hammerkern auf einem Amboss in der Schabotte. In der Nordwestecke der Schmiede befindet sich ein stehendes, einzylindriges Gebläse, dessen Wasserrad nicht mehr vorhanden ist. Dieses Gebläse lieferte den Wind durch ein gusseisernes Rohr zum Windkessel (Druck- und Mengenausgleichsgefäß im Dachraum) und zu den Schmiedefeuern. An den Ständern des Gebläses hängen bzw. lehnen verschiedenartige Gesenke, zwischen welchen man den auf Schmiede-temperatur erwärmten Stahl durch Hammerschläge verformte; dabei entstand meistens nur ein Zwischenprodukt. Eine Stiege zwischen Gebläse und Nordwand führt in den Dachraum, der aus Sicherheitsgründen aber nicht betreten werden darf. Der Dachstuhl gilt als einfache, aber zweckmäßige Holzkonstruktion. |
Die Kammer - ursprünglich Roheisen- und Stahlmagazin - wurde zu einem Aufenthaltsraum für Teilnehmer an Schmiedekursen umgestaltet. Zwischen dem Doppelschmiedefeuer, welches im Gegensatz zum erwähnten Plan von 1841 der ehemalige Frischherd gewesen sein soll, und dem Haupteingang liegt ein weiterer Schmiedeplatz mit mehreren teils sehr alten Werkzeugen und Geräten; bemerkenswert ist vor allem ein Amboss in einer Steinschabotte. Seit 1988 steht hier auch ein Federhammer für Schmiedekurse.
unten: Grindel (Welle) mit Pauke, deren Ertl (Stahlzapfen) auf den Sohlring des Hammerholmes (Stiel) drücken. rechts: Hammerholm mit aufgekeiltem Hammerkopf; Amboss auf der Schabotte. |
Über dem Haupteingang, durch den man die Schmiede nun verläßt, steht ein Kamin, der noch aus der Erbauungszeit stammt und seinerzeit an die ursprünglichen Frischherde angeschlossen war.
Schwanzhammer in der Lehrfrischhütte mit Blick auf Grindel und Wasserrad.
Schmiedevorführung in der Lehrfrischhütte.
Das GRINDEL wurde von der VOEST-Alpine Donawitz gestiftet. Der Baum (8 Meter Länge, 70 cm Durchmesser) wurde im Wald der VOEST-Alpine gefällt, in der Werkstätte des Schmiedemeisters Johann Dorfer im Laintal bearbeitet und am Karsamstag 1997 mit einem Pferdefuhrwerk bei Schneefall zur Lehrfrischhütte in Vordernberg transportiert.
Die hölzerne Antriebswelle - auch Grindel genannt - trägt außer dem Wasserrad noch die 'Pauke', deren 'Erteln' den Sohlring auf dem Hammerholm niederdrücken und so den Schwanzhammer in Bewegung setzen.
Der folgende Film besitzt zwar nicht die beste Qualität, ist es aber sicher wert, unseren interessierten Besuchern gezeigt zu werden und die Mühen und Anstrengungen zur Erhaltung der Lehrfrischhütte aufzuzeigen.
Zur Zeit ist die Schmiede als Atelier des freischaffenden Künstlers Johann Dorfmeister in Verwendung.